Der Hamburger Schriftsteller Peter Rühmkorf starb im Alter von 78 Jahren
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Hamburg (Deutschland), 09.06.2008 – Peter Rühmkorf – der bekannte deutsche Essayist, Dramatiker und vor allem Lyriker – ist tot. Der Hamburger Autor starb am Sonntag im Alter von 78 Jahren auf seinem kleinen Bauernhof in Schleswig-Holstein, wo er seit einigen Jahren mit seiner Frau Eva-Maria lebte, an Krebs.
Ich schwebe graziös in Lebensgefahr grad zwischen Freund Hein und Freund Heine. |
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– Peter Rühmkorf, |
Der Schriftsteller war bekannt für seinen Sprachwitz, seine scharfsinnige Rezeption großer deutscher Literatur der Vergangenheit, die er in seinen Texten sowohl anerkennend aufgriff und sie zugleich – sich davon distanzierend – parodierte. Die überlieferte deutsche Literatur war Leitmotiv seines Schaffens, während er seine sprachliche Finesse zugleich an der Verfremdung dieses literarischen Erbes erprobte. Einen programmbildenden Titel lieferte dazu die 1976 erschienene Gedichtsammlung „Walther von der Vogelweide, Klopstock und ich“. Rühmkorf enttäuschte erstarrte Rezeptionsgewohnheiten, die die gymnasiale Bildung gegenüber der literarischen Dichtkunst berühmter deutscher Literaturikonen erzeugt hatte, durch einen oft schnoddrigen, an den Alltagsumgang mit Sprache angelehnten Sprachgebrauch, der die Texte der großen Dichter vom Sockel holte und führte ein neues literarisch interessiertes Publikum durch seine an den großen Vorbildern geschulte, oft sprachgewaltige, virtuose, dabei zupackende Art an das überlieferte literarische Erbe heran, wie es wenige andere vermochten. Rühmkorf beschritt auch neue Wege, wie die Zusammenarbeit mit den Jazz-Musikern Michael Naura, Wolfgang Schlüter und Eberhard Weber, mit denen er seine lyrische Textsammlung unter dem Titel „Kein Apolloprogramm für Lyrik“ (1976) zu einer musikalisch-lyrischen Verbindung vereinigte. Die Verbindung zum Jazz reicht weit in die 60-er Jahre des vorigen Jahrhunderts zurück. Bereits 1966 brachte Rühmkorf seine Lyrik auf die Hamburger Straßen und rezitierte öffentlich seine Texte, untermalt und begleitet von den Jazz-Improvisationen Michael Nauras und seines Quartetts.
Bis zum Ende seines Lebens war Rühmkorf literarisch produktiv. Ein letztes Zeugnis seiner literarischen Schaffenskraft ist sein Ende Mai 2008 erschienener Band „Paradiesvogelschiß“, in dem er eine für ihn neue literarische Form ausprobierte: Sprüche. Während schon die Meldung über seinen Tod über die Nachrichtenticker ging, war heute zu lesen, dass der Autor für sein Lebenswerk den Literaturpreis der Stadt Kassel für grotesken Humor erhalten hatte. Wie Kassels Oberbürgermeister Bertram Hilgen (SPD) heute sagte, werde der Künstler damit für „seine wegweisende Gestaltungskraft auf dem Feld des Komischen“ geehrt. Der seit 1985 vergebene Preis sollte im Februar 2009 überreicht werden.
Rühmkorf, dem im Laufe seines Lebens viele literarische Ehrungen zuteil wurden, ist auch Träger des Georg-Büchner-Preises (1993).
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Quellen
- n-tv.de: „Virtuose Poesie und spitze Feder: Peter Rühmkorf gestorben“ (09.06.2008)
- newsticker.welt.de: „Peter Rühmkorf erhält Kasseler Literaturpreis für grotesken Humor“ (09.06.2008, 14:58 Uhr)
- Der Spiegel: „Graziös in Gefahr“ (05.01.1976)
- Der Spiegel: „Vergnügen in g“ (29.08.1966)
- berlinerliteraturkritik.de: „Gedicht, Spruch, Vers – Rühmkorfs aktueller Lyrikband: „Paradiesvogelschiß“ mit neuesten Texten des Sprachartisten“ (26.05.2008)
- discogs.com: „Peter Rühmkorf - Michael Naura, Wolfgang Schlüter, Eberhard Weber - Kein Apolloprogramm Für Lyrik“ (2008)