Den Haag: Chefankläger am Internationalen Strafgerichtshof beantragt Haftbefehl gegen Gaddafi

Veröffentlicht: 19:57, 16. Mai 2011 (CEST)
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Den Haag (Niederlande), 16.05.2011 – Gegen den autokratischen libyschen Herrscher Muammar al-Gaddafi und dessen Sohn Saif al-Islam sowie den Direktor des militärischen Geheimdienstes, Abdullah Senussi, hat der Oberstaatsanwalt des Internationalen Gerichtshofs (IStGH), Luis Moreno Ocampo, in Den Haag einen Haftbefehl beantragt. Ihnen werden Verbrechen gegen die Menschlichkeit vorgeworfen.

Moreno Ocampo hob in einer Erklärung in Den Haag heute hervor, es gehe nicht nur um eine allgemeine politische Verantwortung wegen der militärischen Angriffe auf die Zivilbevölkerung Libyens, sondern um konkrete strafrechtliche Verantwortung für die massenhafte Ermordung regimekritischer Zivilisten, den Einsatz von Folter, willkürliche Festnahmen sowie vorsätzliche Vergewaltigungen. Die Vorwürfe stehen vor allem in Zusammenhang mit den Angriffen von Sicherheitskräften, darunter auch Scharfschützen, auf friedliche Demonstranten sowie die Ermordung von Regimegegnern.

Dem genannten Personenkreis, der den engeren Zirkel der Machtausübung in Libyen darstellt, wird eine direkte Verantwortung für die Planung dieser Verbrechen zur Last gelegt. Ocampo bezog sich dabei auf ein über 70 Seiten umfassendes, von der Anklagebehörde erstelltes Dossier über den Personenkreis, in dem eine Vielzahl einzelner Vorwürfe aufgelistet worden sei. Die Prüfungskammer des IStGH muss nun über den Antrag der Staatsanwaltschaft entscheiden. Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hatte den IStGH beauftragt, Ermittlungen gegen Gaddafi und den ihn umgebenden Machtzirkel aufzunehmen. Das ist von Bedeutung, denn Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen wären für den Fall, dass ein Haftbefehl ausgestellt wird, verpflichtet Gaddafi und gegebenenfalls seine Mitangeklagten zu verhaften, wenn diese den Boden dieser Länder beträten. Einige Staaten erklärten, sie würden den Haftbefehl nicht beachten, wenn sich Gaddafi bereit erklärte, sein Land zu verlassen und ins Exil zu gehen.

Der stellvertretende Außenminister Libyens, Chalid Kaim, erklärte, man werde einen eventuellen Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs ignorieren.

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