China: Siebter nationaler Debattierwettbewerb für Germanistikstudierende
Veröffentlicht: 12:28, 17.11.2013 (CET) Bitte keine inhaltlichen Veränderungen vornehmen. |
Shanghai (China), 17.11.2013 – Am 15. und 16. November 2013 fand in Shanghai der siebte nationale Debattierwettbewerb für Germanistikstudierende in China statt. Veranstaltet von der University of Science and Technology (USST) in Shanghai und dem Goethe-Institut in China war dies die in diesem Jahr nicht nur die größte Veranstaltung des Goethe-Instituts in China, sondern auch ein zentraler Bestandteil des Deutsch-Chinesischen Sprachenjahrs 2013–2014, das am 26. Mai 2013 von Bundeskanzlerin Angela Merkel und Premierminister Li Keqiang in Berlin gemeinsam eröffnet wurde und das in China unter dem Motto „Hier kommt Deutsch!“ steht.
Mit 44 teilnehmenden Universitäten war dies der bisher von der Zahl der Teilnehmer her größte Debattierwettbewerb, der das seit Jahren leicht ansteigende Interesse an der deutschen Sprache in China in herausragender Weise demonstriert, wie Frau Verena Sommerfeld vom Goethe-Institut in Peking erfreut feststellte.
So traten in der ersten Runde 88 Stundenten in Zweierteams für ihre Universität zunächst im Wettkampf um Punkte an, ab der zweiten Runde – dem Achtelfinale –, in die die besten 16 Mannschaften einzogen, ging es dann im direkten Ausscheidungsverfahren weiter bis zum Finale. Beobachtet von einer Jury aus chinesischen Universitätslehrern und Vertretern deutschsprachiger Medien aus China sowie deutschen Muttersprachlern aus verschiedenen Organisationen wie dem deutschen Generalkonsulat in Shanghai, dem DAAD und dem Goethe-Institut stritten sich die Studenten aufgeteilt in jeweils ein Team, das die Pro-Seite vertrat, und ein Team für die Contra-Seite über Themen wie die Frage, ob Politiker ein Vorbild für die Gesellschaft sein sollen oder ob man Tierversuche abschaffen soll.
In lebendigen, aber stets fairen Diskussionen, die teilweise erst durch ein energisches Eingreifen der Diskussionsleitung beendet werden konnten, setzten sich die Teams miteinander auseinander. So sehr sich die Debattierer dabei auch bemühten und so oft sie um die Zustimmung der Gegenseite baten, blieben diese doch fest bei ihrer jeweiligen Meinung, auch wenn ihnen dabei aufgezeigt wurde, dass genau dort doch „der Hase im Pfeffer liege“ und sie z.B. in der Frage, ob man eine fürsorgliche Liebe zu Senioren per Gesetz verordnen könne, als „Sozialromantiker“ entlarvt wurden, die doch bitte zur Realität des 21. Jahrhunderts kommen sollten. Da den Teams in der freien Diskussion insgesamt nur sechs Minuten zur Verfügung standen, ihre Argumente auszutauschen, konnte so manche These dabei nur angerissen werden. Davon betroffen war auch die Behauptung, dass die Aufhebung der kollektiven Ferientage der so genannten „Goldenen Woche“ aus Anlass des chinesischen Nationalfeiertages Anfang Oktober zu Gunsten von individuellen und flexiblen Ferientagen für die Chinesen nicht praktikabel sei, da dies nur zu Chaos führe. Diese Behauptung verursachte nicht nur bei den anwesenden Deutschen, sondern auch bei so manchem Chinesen Verwunderung – angesichts der Verhältnisse im Land im Laufe dieser Tage, die zuletzt jedes Jahr für Negativrekorde und entsprechende Schlagzeilen in den Medien gesorgt hatten. Im Gegenzug musste aber auch ein überraschend in die Diskussion mit einbezogener Deutscher eingestehen, dass er auf Coca-Cola ungern verzichten würde, auch wenn sie als ungesundes Lebensmittel mit einer besonderen Abgabe vom Staat belegt würde, worüber in einer anderen Runde diskutiert wurde.
Die meisten der debattierten Themen waren den Teilnehmern bereits zehn Tage vor der Veranstaltung mitgeteilt worden, so dass sie sich gründlich im voraus darauf vorbereiten konnten. Für das Halbfinale sowie das Finale wurden den Mannschaften die Themen zehn Minuten vor der Debatte mitgeteilt, und sie mussten dann jeweils ein Eröffnungstatement sowie einen abschließenden Beitrag für eine Rede von jeweils zwei Minuten vorbereiten und sich ebenfalls Argumente für eine direkte Diskussion mit der Gegenseite zurechtlegen. Die Qualität der Beiträge war dabei, wie die Jury in einer abschließenden Würdigung hervorhob, durchgehend sehr hoch, und sie wollte dabei manchmal bezweifeln, dass Muttersprachler Beiträge abzuliefern im Stande gewesen wären, so wie sie hier von Fremdsprachenlernern präsentiert wurden.
Die Studenten bewiesen in ihren Debatten aber nicht nur ihre Fremdsprachenkenntnisse, sondern – dies zeigt ein Blick auf die Themen – auch ihre Fähigkeit, sich in aktuelle und gesellschaftsrelevante Probleme einarbeiten zu können und diese sowohl in einen china- wie auch weltweiten Zusammenhang einordnen zu können. Doch nicht nur rednerische Brillianz und kluge Ideen wurden von der Jury hoch bewertet, gefragt war auch Teamarbeit von den Teilnehmern an diesem Wettkampf, die in einem System erzogen werden, in dem ansonsten jeder gegen jeden kämpft. Die chinesischen Germanistikstudenten haben hierbei sehr eindrucksvoll demonstriert, dass sie den Herausforderungen der globalen Arbeitswelt des 21. Jahrhunderts überaus angemessen gegenübertreten werden können.
Im Finale setzte sich dann schließlich das Team der Bejing Foreign Studies University gegen die Nanjing University of Science and Technology im Streit um die Behauptung „Nicht für die Schule, sondern für das Leben lernen wir“ als Sieger des Wettbewerbs durch. Die Jury war von der Leistung der Studenten aus Peking auch in der Vorrunde so beeindruckt, dass sie ihnen die dafür zur Verfügung stehenden Sonderpreise für die beste Aussprache, die überzeugendste Argumentation sowie die beste Debattiererin und den besten Debattierer verlieh.
Doch egal auf welchem Platz man den Wettkampf beendete und welchen Teilnehmer man dazu befragte, niemand wollte sich als Verlierer sehen, sondern alle genossen die Gelegenheit, sich mit anderen Studierenden derselben Fachrichtung aus teilweise sehr weit von einander entfernten Orten zu messen und auch jenseits des Wettkampfes einmal auszutauschen.
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