Chaos am Tegelberg: Gleitschirm fliegt in Seilbahn
Veröffentlicht: 11:56, 14. Aug. 2011 (CEST) Bitte keine inhaltlichen Veränderungen vornehmen. |
Schwangau (Deutschland), 14.08.2011 – Nahe dem Schloss Neuschwanstein ist am Freitagmittag, dem 12. August, ein Gleitschirm in die Seile der Tegelbergbahn geflogen und hat damit eine umfangreiche Rettungsaktion ausgelöst.
Der zweisitzige Gleitschirm kollidierte am Freitag gegen 13 Uhr mit den Seilen der Kabinenbahn, worauf sich dieser zum Glück für die daran Hängenden verfing und ein weiterer Absturz verhindert wurde. Die beiden Gleitschirmflieger konnten von der Bergwacht gerettet werden. Der Pilot des Tandemschirms blieb unverletzt, während sein Passagier eine Gehirnerschütterung erlitt.
Beim Zusammenstoß wurde von einer Sicherheitseinrichtung der Seilbahn eine sofortige Blockierung ausgelöst, so dass die Kabinen nicht zu der Tal- bzw. Bergstation gefahren werden konnten. Die Passagiere in den Kabinen saßen fest.
Da man die Bahn anschließend nicht wieder in Betrieb brachte, mussten die Insassen der beiden Bahnkabinen anderweitig evakuiert werden. Die 30 Insassen der weiter unten am Berghang befindlichen Gondel konnten in den folgenden Stunden am Freitag befreit werden. Sie wurden von Angehörigen der Bergwacht abgeseilt. Bei der oberen Gondel gestaltete sich die Evakuierung dagegen schwierig. Ein Abseilen war wegen des felsigen Untergrunds problematisch. Gleichzeitig waren die Windverhältnisse so ungünstig, dass sie den Einsatz der Hubschrauber dort bis zum Abend nicht zuließen. Die 19 Passagiere mussten zusammen mit dem Kabinenführer die Nacht in der Gondel verbringen. Bei Einbruch der Nacht seilten sich Bergretter in einer anspruchsvollen Aktion zur Gondel ab. Sie brachten Lebensmittel, Decken und Spielzeug zu den Eingeschlossenen. Es gab ständigen Sprechkontakt zur Talstation. Nach insgesamt 17 Stunden unfreiwilligem Aufenthalt in der 12 Quadratmeter großen Kabine konnten alle am Samstag bei Tagesanbruch mit dem Hubschrauber über eine Seilwinde evakuiert werden, wobei niemand verletzt wurde. Panik gab es dabei zu keinem Zeitpunkt, die Urlauber im Alter von 4 bis 75 Jahren blieben insgesamt gefasst. Ein Polizeisprecher berichtet, er habe nur in strahlende Gesichter geblickt.
Mit insgesamt 250 Einsatzkräften von Bergwacht, Polizei, Feuerwehr, THW und Rotem Kreuz dürfte es sich um die aufwändigste Rettungsaktion in der Geschichte der Tegelbergbahn handeln. Jedoch gab es auch in der Vergangenheit schon Unfälle von Luftsportpiloten und Bergwanderern am Tegelberg.
Mindestens vier Hubschrauber waren im Einsatz (nach Angaben der Augsburger Allgemeine waren es acht). Mit dem Hubschrauber wurden auch 130 Bergwanderer ins Tal befördert, die am Freitag nicht mehr mit der Bahn zurück ins Tal fahren konnten.
Über die Ursache der Kollision herrscht derweil Spekulation. Fest steht, dass der verantwortliche Pilot, ein 54-Jähriger mit Wohnsitz in der Schweiz, aus dem Start heraus Probleme hatte und der Tandemschirm sogleich in Richtung der Gipfelstation drehte, ohne dass der Pilot rechtzeitig die volle Kontrolle über sein Luftsportgerät erlangte. Schlechte Windverhältnisse waren dabei nicht die Ursache.
Ob eine fahrlässige Handlung des Piloten vorliegt, wird nun ermittelt. Der finanzielle Schaden dürfte beträchtlich sein. Neben den möglichen Kosten der Rettungsaktion ist zurzeit noch unklar, inwieweit die Seile der Tegelbergbahn in Mitleidenschaft gezogen wurden. Allein ein längerer Stillstand schlägt nicht unerheblich zu Buche, da die Bergbahn bei gutem Wetter den Großteil ihres Umsatzes mit der Beförderung von Bergwanderern erwirtschaftet.
Schlimmer wäre es, wenn tatsächlich eines der Stahlseile ausgetauscht werden müsste, dann droht auch ein Stillstand von bis zu zwei Monaten. Der Geschäftsführer der Tegelbergbahn, Franz Bucher: „Wenn das Zugseil, das wir erst vor kurzem ersetzt haben, kaputt ist, dann stehen wir zwei Monate still.“ Was das bedeute, könne man sich ausrechnen. „Jetzt ist unsere Hauptzeit mit 2.000 Gästen pro Tag.“ Das Seil wird jetzt zunächst von einem italienischen Experten begutachtet.
Wie sich mittlerweile herausstellte, erfolgte der Start von der 890 Meter über dem Tal liegenden Bergstation im Rahmen von Dreharbeiten des Bayrischen Rundfunks, der auch selbst über das Unglück berichtete. Bei dem verletzten Passagier handelte es sich demnach um einen 35-jährigen Reporter. Die Polizei will nun auch prüfen, inwieweit ein Einfluss der Dreharbeiten auf das Geschehen in Betracht kommt.
(itu)
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