Australien droht Wollboykott
Bitte keine inhaltlichen Veränderungen vornehmen. |
Sydney (Australien), 11.03.2008 – Der Streit zwischen Tierschützern und australischen Farmern um die Behandlung der australischen Schafe droht sich zu einem handfesten Skandal auszuwachsen, nachdem am Wochenende bekannt wurde, dass eine exponierte schwedische Tierschützerin mit Hilfe von Bestechung davon abgehalten werden sollte, in einer Fernsehsendung aufzutreten.
Es geht um das sogenannte „Mulesing“, einer bei Schafen in Australien angewandten Praxis, bei der den Tieren am Hinterteil die Haut abgezogen wird um das Nachwachsen der Wolle an dieser Stelle und damit einen Befall mit Schmeißfliegeneiern zu vermeiden. Dabei erhalten die Tiere keine Betäubung oder Schmerzmittel. Die Prozedur gilt als äußerst schmerzhaft für die Tiere. Die Ablage von Schmeißfliegeneiern im Fell der Schafe kann für die Schafe tödlich sein, weil sich die geschlüpften Maden von dem rohen Fleisch der Tiere ernähren und das Schaf buchstäblich bei lebendigem Leibe auffressen. Der Tod der Schafe tritt oft erst nach Wochen ein. Während die Farmer sich damit rechtfertigen, das Mulesing diene lediglich dem Schutz der Schafe, argumentieren Tierschützer, die Farmer wollten lediglich einem kostenintensiven regelmäßigen Scheren der Schafe zur Vermeidung des Befalls mit den Eiern aus dem Wege gehen.
Während die Regionalregierung in Westaustralien angekündigt hat, auf ihren Forschungsstationen das Mulesing innerhalb von drei Wochen zu beenden, hat die australische Wollindustrie versprochen zum Jahr 2010 werde man zu Alternativen zum Mulesing übergehen. Die Farmer selbst sind sich noch uneinig, wie sie mit der Kritik der Tierschützer umgehen sollen.
Der australische demokratische Senator Andrew Bartlett forderte inzwischen eine Untersuchung des Bestechungsfalls. Der schwedischen Tierschützerin Katarina Lingehag Ekholm war von einem Vertreter des australischen Woll- und Schafindustrieverbandes eine kostenlose Reise nach Australien angeboten worden, wenn sie darauf verzichten würde, in einem geplanten Dokumentarfilm über die Praxis des Mulesing mitzuwirken. Der Vorgang war auf Video festgehalten worden, außerdem soll das Angebot sogar von der australischen Regierung abgesegnet worden sein, was diese jedoch dementiert. Der Vorfall verschärfte die vor allem aus Schweden vorgetragene Kritik an der Praxis des Mulesings. Der schwedische Landwirtschaftsminister Eskil Erlandsson ruft inzwischen offen zum Boykott australischer Schafwolle auf, wie der Sydney Morning Herald am Wochenende berichtete. Außerdem soll Erlandsson damit gedroht haben, den Fall auch in den Gremien der Europäischen Union zur Sprache zu bringen.
Große Bekleidungsfirmen in den USA und 19 schwedische Unternehmen boykottieren bereits jetzt Wolle aus Australien, darunter H&M. Die australische Wollindustrie befürchtet, dass sich weitere europäische Länder dem Boykott anschließen könnten. Nach Angaben des Handelsblatts exportiert Australien jährlich Wolle mit einem Wert von 350 Millionen Euro nach Europa. Weltweit verdient Australien mit seiner Wolle rund zwei Milliarden Euro. Die Wolle wird größtenteils in China weiterverarbeitet und von dort aus in alle Welt exportiert. In Australien selbst gibt es keine nennenswerte weiterverarbeitende Industrie für diese Tierfaser.
Themenverwandte Artikel
Quellen
- handelsblatt.com: „Ein unmoralisches Angebot“ (11.03.2008)
- news.smh.com.au: „WA govt to stop mulesing in three weeks“ (10.03.2008)
- smh.com.au: „Farmers split on mulesing“ (11.03.2008)
- smh.com.au: „Threat to wool exports“ (08.03.2008)
- smh.com.au: „Govt denies part in wool bribery scandal“ (08.03.2008)