Augsburg: Katholische Kirche verliert Rechtsstreit wegen Kündigung einer lesbischen Erzieherin

Veröffentlicht: 20:58, 19. Jun. 2012 (CEST)
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Augsburg (Deutschland), 19.06.2012 – Heute fand die mündliche Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht in Augsburg statt: Verhandelt wurde der Fall einer lesbischen Erzieherin, deren Arbeitsverhältnis von der katholischen Kirche wegen ihrer sexuellen Orientierung während der Elternzeit gekündigt worden war. Das Gericht entschied: Während der Elternzeit steht die Mitarbeiterin unter besonderem Schutz, so dass die Kündigung unwirksam war.

Die 39-jährige Frau war Leiterin eines Kindergartens im Landkreis Neu-Ulm. Als sie wegen der Geburt ihres Kindes ihre Elternzeit beantragte, teilte sie der Pfarrkirchenstiftung als Betreiberin des Kindergartens mit, dass sie in einer Lebenspartnerschaft mit einer anderen Frau lebe. Die Pfarrkirchenstiftung sah hierin einen Verstoß gegen die katholische Glaubens- und Sittenlehre und möchte die Kündigung des Arbeitsverhältnisses aussprechen. Wegen des besonderen Kündigungsschutzes während der Elternzeit, benötigt sie hierzu die Zustimmung des Gewerbeaufsichtsamts, die aber nicht erteilt worden war. Deshalb kam es zum Rechtsstreit vor dem Verwaltungsgericht: Die Pfarrkirchenstiftung klagte gegen den die Regierung von Oberbayern auf Erteilung der Zustimmung zu der Kündigung.

Das Verwaltungsgericht Augsburg hat die Klage abgewiesen (Az.: Au 3 K 12.266 vom 19.06.2012). Der Präsident und Pressesprecher des VG Augsburg Ivo Moll führte aus: Auch wenn die Kirche das Verhalten der Frau als schwerwiegenden Loyalitätsverstoß einstufe, so rechtfertige dies nicht die Aufhebung der besonderen Schutzbestimmungen für Mütter in der Elternzeit: „Staatliches Recht kann mit kirchlichem kollidieren“. Die Mitarbeiterin sei seit 13 Jahren als Leiterin des Kindergartens tätig gewesen. Ihr Interesse „an einem kontinuierlichen Erwerbsleben und an der Einhaltung der Kündigungsfrist nach Ablauf der Elternzeit sei höher zu bewerten als das Interesse der Kirche, das Arbeitsverhältnis bereits während der Elternzeit zu beenden.“ Das staatliche Recht sehe Lebenspartnerschaften ausdrücklich vor. Außerdem habe nicht die Mitarbeiterin, sondern die Kirche die Lebenspartnerschaft öffentlich gemacht. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Bistumssprecher Markus Kremser erklärte hierzu: „Aus Sicht der Diözese handelt es sich um einen so schwerwiegenden Verstoß gegen die Loyalitätspflicht eines Mitarbeiters, dass eine Kündigung keinen Aufschub duldet.“ Bekannt wurde der Kirche die gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaft, da die Frau eine Bescheinigung über ihre „Heirat“ abgegeben hatte. Sie war sich dabei bewusst, dass die Kirche, als ihr Arbeitgeber, dies vermutlich nicht dulden würde.

Die kirchenkritische Laienbewegung „Wir sind Kirche“ äußerte sich kritisch zur Kündigung: „Die Moral wird durchgefochten – koste es, was es wolle“.

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