Aserbaidschan: Größter privater Fernsehsender abgeschaltet
Artikelstatus: Fertig 23:39, 25. Nov. 2006 (CET) Bitte keine weiteren inhaltlichen Veränderungen vornehmen, sondern einen Folgeartikel schreiben. |
Baku (Aserbaidschan), 25.11.2006 – Die aserbaidschanischen Behörden haben am Freitag „ANS“, den größten privaten Radio- und Fernsehsender des Landes, abgeschaltet. Offiziell wird die Aktion damit begründet, dass die Lizenz des Senders wegen Verstößen gegen das Rundfunkrecht und Missachtung von Warnungen nicht erneuert wurde. Der Betrieb des Senders wurde um 15:00 Uhr Ortszeit (12:00 Uhr MEZ) von Polizisten unterbrochen, die das Gebäude des Senders zuvor umstellt hatten. Nach Angaben des Senders erfolgte die Unterbrechung des Programms, als der Radiosender einen Beitrag über einen Zeitungsjournalisten sendete. Es handelte sich dabei um einen Bericht über Ganimat Zahidov, der für die Zeitung „Azadliq“ arbeitet und am Freitag nach seinem seit dem 9. November andauernden Hungerstreik wegen seines schlechten Gesundheitszustandes in ein Krankenhaus gebracht wurde.
Am heutigen Samstag gab es in der Hauptstadt Baku einen Polizeieinsatz gegen die Zeitung „Azadliq“ und die Oppositionspartei „Volksfront“, an dem rund 100 Polizisten beteiligt waren. Die Polizisten beschlagnahmten Möbel, Computer und andere technischen Geräte. Der Räumungsbefehl für die Gebäude der Zeitung und der Oppositionspartei war gestern von einem Gericht angeordnet worden. Die Behörden werfen der Zeitung und der „Volksfront“ vor, Mieten nicht bezahlt zu haben, was von den Betroffenen bestritten wird. Oppositionspolitiker halten die Räumung der Gebäude für eine politische Maßnahme, mit der Kritiker der Regierung ruhig gestellt werden sollen.
Elchin Shykhlinsky, der Vorsitzende der aserbaidschanischen Journalistenvereinigung, kommentierte das Vorgehen der Behörden gegenüber der Nachrichtenagentur „Associated Press“ (AP) mit folgenden Worten: „Es besteht kein Zweifel, dass eine beabsichtigte und zielgerichtete Strategie durchgeführt wird, mit der erreicht werden soll, dass sichergestellt wird, dass jeder das gleiche denkt – und diejenigen die dies nicht tun, stumm bleiben.“ Gegenüber der gleichen Nachrichtenagentur sagte Fuad Mustafayev, ein führendes Mitglied der „Volksfront“, seine Partei werde mit allen erlaubten Mitteln für ihre Rechte kämpfen. Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) verurteilte in einer am Freitag veröffentlichten Pressemitteilung die Abschaltung des Fernseh- und Radiosenders „ANS“, des ersten privaten Senders in Aserbaidschan. Das OSZE-Büro in Baku zeigte sich demnach besorgt und überrascht über die Maßnahme gegen den Sender. Laut OSZE hat der nationale Fernseh- und Rundfunkrat des Landes sich heute dafür entschieden, die Lizenzen für „ANS“ nicht zu verlängern. Der Nachrichtenagentur „AFP“ zufolge wirft der Rundfunkrat dem Sender zudem vor, seine Frequenzen ausländischen Betreibern überlassen zu haben, die über keine Sendegenehmigung verfügten. Dabei handelt es sich um Material der Sender „BBC“ sowie „Radio Liberty“ und „Voice of America“, das von „ANS“ weiterverbreitet wurde. Die beiden letztgenannten Sender werden mit Geldern der US-Regierung finanziert.
Nushirevan Magerramli, der Vorsitzende des Rundfunkrats, bekräftigte gegenüber der Nachrichtenagentur „AFP“ seine Vorwürfe gegen den Sender. „ANS“ habe sich auf der einen Seite als Verkünder der Demokratie dargestellt und sich auf der anderen Seite nicht an Gesetze gehalten, so Nushirevan Magerramli. „ANS TV“ und „ANS Ch.M Radio“ haben nach OSZE-Angaben seit 2003 auf die Verlängerung ihrer Sendelizenzen gewartet.
Quellen
- news.bbc.co.uk: „Azeri party and newspaper evicted“ ( ) (25.11.2006)
- AFP: „Azerbaijan closes largest independent TV station“ ( ) (25.11.2006)
- AP: „Authorities evict opposition media, party from offices in Azerbaijan's capitaln“ ( ) (25.11.2006)
- derStandard.at: „Unabhängiger Rundfunksender in Aserbaidschan geschlossen“ (25.11.2006)
- osce.org: „OSCE Office condemns closure of private TV broadcaster in Azerbaijan“ ( ) (24.11.2006)