Argentiniens Kreditwürdigkeit von führenden Ratingagenturen erneut herabgestuft

Veröffentlicht: 11:37, 8. Jun. 2020 (CEST)
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Buenos Aires (Argentinien), 08.06.2020 – Argentinien wird seit dem 27.05.2020 von den beiden weltweit führenden Ratingagenturen Standard & Poors und Fitch Ratings als Zahlungsausfall betrachtet, was einer Staatspleite gleichkommt. Das südamerikanische Land war am 22. Mai nicht in der Lage, eine Anleihe in Höhe von 503 Millionen US-Dollar zu begleichen. Daraufhin stuften die beiden Ratingagenturen die Kreditwürdigkeit auf D (In Default, Zahlungausfall, S&P) beziehungsweise auf RD (Restricted Default, begrenzter Zahlungsausfall, Fitch) herab.

Damit ist es das neunte Mal, dass Argentinien seit seiner Unabhängigkeit im Jahre 1816 zahlungsunfähig ist. Darüber hinaus weigerte sich das Land 2014 zeitweise, einen Teil seiner Schulden zu begleichen. Das Land an der Südspitze Amerikas leidet seit Jahrzehnten unter einer Vielzahl von staatlichen Insolvenzen und sehr hohen Inflationsraten. Ein entscheidender Grund dafür liegt in den häufigen extremen Wechseln in der nationalen Wirtschaftspolitik zwischen liberaler Marktöffnung und staatlichem Dirigismus der Peronisten. Dies führt dazu, dass ausländische Investoren und auch lokale Unternehmen oft keine Möglichkeit haben, langfristige Planungen vorzunehmen. Außerdem führt die Häufung der staatlichen Zahlungsausfälle zu einem besonders hohen Misstrauen von Kreditgebern gegenüber dem Land.

Die derzeitige Wirtschafts- und Schuldenkrise in Argentinien resultiert nicht aus der Corona-Pandemie, sie wird allerdings dadurch noch verschärft. Bereits im Jahr 2018 kam es zu einem starken Währungsverfall, nachdem die Unabhängigkeit der argentinischen Zentralbank bezweifelt worden war. Grund war eine Rechtsänderung in Bezug auf das Inflationsziel durch die Regierung von Präsident Mauricio Macri. In Folge dieser Krise und einer stark steigenden Inflationsrate beantragte Argentinien ein Hilfsprogramm des Internationalen Währungsfonds (IWF); dieser stellte das bisher größte Hilfsprogramm seiner Geschichte in Höhe von 57 Milliarden US-Dollar zur Verfügung.

Das Kreditprogramm stabilisierte die Lage aber nur kurzfristig, denn der wirtschaftsfreundliche Macri verlor in Folge von Sparauflagen des IWF massiv an Beliebtheit in der Bevölkerung und wurde im Sommer 2019 schließlich abgewählt. Daraufhin kam es zu einem weiteren Absturz des argentinischen Peso, welcher mittlerweile von 20 Peso je US-Dollar (Mai 2018) auf 68 Peso je US-Dollar (Mai 2020) gefallen ist. Damit haben sich die Importpreise mehr als verdreifacht, was zu den hohen Inflationsraten von 34 Prozent (2018), 54 Prozent (2019) und 48 Prozent (2020) führte. Damit haben sich auch die Preise seit 2018 verdreifacht. Aufgrund der massiven Währungsabwertung und der gleichzeitigen schwachen Wirtschaftsentwicklung ist der argentinische Staat nicht mehr in der Lage, seine Schulden, gerade US-Dollar Schulden, zu begleichen. Die Kreditgeber Argentiniens haben nun vorgeschlagen, die Zinslast um 35 Prozent zu reduzieren und darüber hinaus die Rückzahlung der Kredite bis 2027 zu strecken. Was die linke Regierung allerdings ablehnt, da sie einen höheren Schuldenschnitt durchsetzen möchte.


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