75 Jahre Coca-Cola in Deutschland: Zwischen „American way of life“ und Globalisierung

Veröffentlicht: 11:43, 7. Mai 2011 (CEST)
Bitte keine inhaltlichen Veränderungen vornehmen.

Atlanta (Vereinigte Staaten), 07.05.2011 – Die Marke Coca-Cola aus den USA feiert 2011 ihr 75-jähriges Jubiläum in Deutschland. Am 8. April 1929 wurde in Essen die erste Flasche der zuckersüßen braunen Brause abgefüllt. Die Marke ist Kult und steht wie kaum eine andere für den „American Way of Life“. Weltweit fuhr die Firma mit dieser Marke im letzten Jahr einen Reingewinn von 12 Milliarden US-Dollar ein. Jährlich werden in Deutschland rund vier Milliarden Liter der Brause getrunken. Coca-Cola vermarktet auch weitere Getränkemarken wie Fanta, Sprite, Lift, Nestea und Bonaqa. 12.000 Menschen sind in den 80 Abfüllanlagen von Coca-Cola in Deutschland beschäftigt. Der Wert der Marke Coca-Cola wird auf 68 Milliarden US-Dollar geschätzt. Die Erfolgsgeschichte wird dabei in der öffentlichen Wahrnehmung nur wenig durch immer wieder einmal auftauchende Berichte über „Verfolgung von Gewerkschaften mit ‚Todesschwadronen‘ in Abfüllfirmen, Ausbeutung und Kinderarbeit in der Orangenernte [und] rassistische Diskriminierung“ (Schwarzbuch Markenfirmen) getrübt.

Logo der Marke Coca-Cola

Dass Coca-Cola sich angeblich als Abflussreiniger eignet oder Fleisch zersetzt, gehört zu den zahlreichen Mythen, die sich um das zuckerhaltige Limonadengetränk ranken. Weniger bekannt ist die Verfolgung von Gewerkschaftern in den Coco-Cola Fabriken Kolumbiens. Die Gewerkschaft SINALTRAINAL griff im Jahr 2004 zu einer außergewöhnlichen Maßnahme. Sie rief ihre Mitglieder zum 15. März 2004 zum Hungerstreik gegen Coca-Cola auf. Der Streik richtete sich gegen eine von der Firma verfolgte Strategie zeitweiliger Betriebsschließungen. Die Firma hatte in den zurückliegenden Monaten 15 Abfüllanlagen in dem südamerikanischen Land schließen lassen. Nach Ansicht der Gewerkschaft versuchte der Coca-Cola-Konzern die Gewerkschafter aus den örtlichen Abfüllanlagen zu verdrängen, um niedrigere Löhne durchzusetzen. Im Jahr 2006 wurde bekannt, dass die Gewerkschaft Sinaltrainal mehrere ihrer Mitglieder durch politisch motivierte Morde verloren hatte. Zugleich wurden Gewerkschaftsfunktionäre von Sinaltrainal durch Todesschwadronen rechtsgerichteter Paramilitärs bedroht. Die „tageszeitung“ (taz) berichtete, dass „bis 2002 neun Coca-Cola-Gewerkschafter von rechtsextremen Paramilitärs ermordet“ wurden. Die Gewerkschaft wurde so faktisch zerschlagen. Eine direkte Verantwortung von Coca-Cola für die Verfolgung der Gewerkschafter konnte nie bewiesen werden. Die Firma profitierte jedoch von der Situation. In der Folge sank der Durchschnittslohn für die Coca-Cola-Arbeiter von 600 US-Dollar monatlich auf den gesetzlichen Mindestlohn von rund 150 US-Dollar[1] Die Gewerkschaft ging auch gerichtlich gegen Coca-Cola vor. Am 06. Oktober 2006 meldete Coca-Cola Deutschland, dass „die noch anhängigen Klagen gegen die zwei Coca-Cola-Abfüllbetriebe in Kolumbien, die 2001 von der kolumbianischen Gewerkschaft Sinaltrainal und anderen eingereicht worden waren, abgewiesen werden.“

Zurück blieb ein Image-Problem für die Marke. In den USA begannen einige Hochschulen damit, Produkte der Firma Coca-Cola zu boykottieren. Der Vorwurf: „Umweltschäden in Indien, Ausbeutung in Kolumbien bis zur Verstrickung in Morde“[2]. Das Unternehmen wies alle Anschuldigungen kategorisch zurück. Auch für die Vorwürfe zur Umweltverschmutzung in Indien gebe es keinen wissenschaftlichen Beweis. Das Referat für Ökologie des AStA der Universität Trier ging den Vorwürfen nach und dokumentierte sie. Demnach werden zur Produktion eines Liters Coca-Cola neun Liter frisches Trinkwasser benötigt, das man dem Grundwasser in der Region entnimmt. In Jaipur und Mehdiganj soll der Grundwasserspiegel seit 1999 um 60 Meter gesunken sein. In der Region Plachimada trockneten 260 Brunnen aus. Der Reisanbau kam faktisch zum Erliegen. Folgen des Wassermangels waren Lebensmittelknappheit, Hunger und gesundheitliche Probleme. Hinzu kommt die starke Pestizidbelastung der in Indien abgefüllten Cola-Getränke, die durch die Düngung der Felder mit belastetem Produktionsmüll von Coca-Cola entstand.

Im Zusammenhang mit dem mittelamerikanischen Land El Salvador erhob die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch im Jahr 2004 schwere Vorwürfe gegen Coca-Cola. Coca-Cola besteht zu einem nicht geringen Bestandteil aus Zucker. Der Zucker wird zum Teil in El Salvador in Form von Zuckerrohr geerntet. Bei der Ernte müssen Kinder „bis zu neun Stunden täglich in glühender Hitze mit Macheten und anderen scharfen Messern“ hantieren, berichtet Human Rights Watch. Die Arbeit mit den Macheten stellt für Kinder eine ständige Verletzungsgefahr dar. Michael Bochenek, Berater der Kinderrechtsabteilung von Human Rights Watch, erklärt dazu: „Wenn eine Firma Zucker aus diesem Land kauft, sollte sie sich über diese Tatsache im Klaren sein und auch Mitverantwortung für die Lösung dieses Problems übernehmen.“ Die Seite Aktiv gegen Kinderarbeit dokumentiert, dass Coca-Cola Kinderarbeit in Stellungnahmen ablehnt. Dann wird jedoch festgestellt: „Wir konnten aber bisher keinen Hinweis darauf finden, dass die konkret erhobenen Vorwürfe falsch sind.“

Themenverwandte Artikel

Einzelnachweise

  1. uni-trier.de: Coca Cola Boykott Kampagne – „Kolumbien: 8 ermordete Gewerkschafter und zero Verantwortung“
  2. spiegel.de: Boykottwelle in den USA, Studenten meutern gegen ‚Killer-Coke‘ (06.01.2006)

Quellen