Ägyptische Soldaten sollen sudanesische Flüchtlinge getötet haben

Veröffentlicht: 23:35, 9. Aug. 2007 (CEST)
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Kairo (Ägypten), 09.08.2007 – In der Nacht auf ersten August sollen ägyptische Soldaten vier sudanesische Flüchtlinge getötet haben, die über einen Grenzzaun nach Israel gelangen wollten. Dies berichten israelische Soldaten. Die israelischen Streitkräfte verfügten über Videoaufzeichnungen des Vorfalls, die sie aus diplomatischen Gründen nicht veröffentlichen wollten. Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) reagierte mit einem Brief an den ägyptischen Innenminister, in dem dieser dazu aufgefordert wird, die Ereignisse an der ägyptisch-israelischen Grenze zu untersuchen.

Laut „Jerusalem Post“ haben israelische Soldaten beobachtet, wie Angehörige der ägyptischen Armee zwei Flüchtlinge erschossen und zwei weitere Personen vom Zaun weggeschleppt und anschließend zu Tode geschlagen haben. Die ägyptische Regierung bestreitet die Vorwürfe. Zu Beginn der Woche warf der ägyptische Außenminister Israel vor, einen Keil in die Beziehungen zwischen Ägypten und dem Sudan treiben zu wollen. Der israelische Fernsehsender „Channel 10 TV“ strahlte Ausschnitte aus dem Überwachungsvideo der israelischen Armee aus. Diese zeigten drei Personen, die auf die Grenze zurannten. Der Bericht des TV-Kanals enthielt auch ein Interview mit einem israelischen Soldaten, dessen Name nicht genannt wurde, der den Zwischenfall erläuterte.

Bill Frelick, der bei Human Rights Watch für Flüchtlingspolitik zuständig ist, sagte, die Brutalität dieser mutmaßlichen Tötungen sei um so schockierender, als sie zu einem Zeitpunkt stattfänden, an dem Ägypten und Israel über Asylbewerber diskutierten, die nach Israel kommen. Laut HRW-Pressemitteilung war dieses Thema Gegenstand der jüngsten Gespräche zwischen dem israelischen Premierminister Ehud Olmert und dem ägyptischen Präsidenten Muhammad Husni Mubarak in Sharm el Sheik. Dort sei zwar kein formales Abkommen zustande gekommen, Mubarak habe sich jedoch informell dazu bereit erklärt, Flüchtlinge aus Drittländern, die von Ägypten aus die israelische Grenze überschritten haben, wieder aufzunehmen. Die beteiligten Regierungen wollten weitere Details dazu ausarbeiten. HRW macht in der Pressemitteilung darauf aufmerksam, dass Ägypten den internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte ratifiziert hat. Dieser völkerrechtliche Vertrag verbietet willkürliche Tötungen und fordert von den Unterzeichnerstaaten, derartige Vergehen zu untersuchen.

In ihrem Brief an den ägyptischen Innenminister General Habib al-`Adli stellt HRW drei Hauptforderungen. Erstens soll es eine umfangreiche Untersuchung zu den mutmaßlichen Tötungen der sudanesischen Flüchtlinge geben. Zweitens sollen zu den Ermittlungen auch unabhängige Personen eingeladen werden, beispielsweise der UN-Sonderberichterstatter für Menschenrechte und Migration. Drittens soll der Innenminister dafür sorgen, dass Personen aus Drittländern, die an der Grenze festgenommen werden, human behandelt werden und nicht in ihr Heimatland abgeschoben werden, sofern ihr Leben dort bedroht ist oder sie dort verfolgt werden könnten. Zudem fordert die Menschenrechtsorganisation Informationen zum informellen Abkommen zwischen Ägypten und Israel über den Umgang mit Flüchtlingen ein.

Unterdessen wurden weitere Vorfälle an der israelisch-ägyptischen Grenze bekannt. Die Nachrichtenagentur AP berichtet, dass die Leiche eines getöteten sudanesischen Flüchtlings, der an Armen und Beinen gefesselt war, an der israelisch-ägyptischen Grenze gefunden wurde. Laut ägyptischer Polizei sei der Körper der inzwischen identifizierten Person mit Wunden und Blutergüssen übersäht. Die Polizei habe die Ermittlungen aufgenommen. Sie verdächtigt Schleuser. Es sei nicht unüblich, dass diese Flüchtlinge töteten, wenn sie nicht bereit seien, das verlangte Geld zu bezahlen, so ein ägyptischer Polizist laut AP. Neben diesem Fall hat die ägyptische Polizei zugegeben, im letzten Monat eine sudanesische Frau getötet und vier weitere Personen verletzt zu haben. Sie seien beim Übertreten der Grenze beobachtet worden und hätten Anweisungen der Polizisten nicht befolgt.

Israelischen Schätzungen zufolge haben in den letzten Jahren 2.800 Menschen die ägyptisch-israelische Grenze illegal übertreten. Fast alle stammen aus afrikanischen Staaten. Laut dem Hohen Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen überquerten im Juni dieses Jahres täglich ungefähr 50 Menschen die Grenze. Die Zahl sei gestiegen, weil sich herumgesprochen habe, dass es in Israel gute Jobaussichten gebe.

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Quellen