Ägypten: Zahlreiche Mitglieder der Muslimbruderschaft festgenommen

Artikelstatus: Fertig 00:06, 16. Feb 2007 (CET)
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Kairo (Ägypten), 16.02.2007 – In der Nacht auf Donnerstag haben ägyptische Sicherheitskräfte etwa 80 Anhänger der oppositionellen islamistischen Muslimbruderschaft festgenommen. Die Behörden werfen ihnen vor, Mitglied einer verbotenen Organisation zu sein und regierungskritische Literatur zu besitzen. Offiziell ist die Muslimbruderschaft in Ägypten seit 1954 verboten; faktisch wird sie aber in einem gewissen Rahmen toleriert. Ihre Anhänger sind offen politisch tätig. So hat sich die Gruppe zur größten Oppositionspartei entwickelt. Im Parlament ist die Partei mit 88 von 454 Abgeordneten vertreten, die an der letzten Wahl im November und Dezember 2005 als unabhängige Kandidaten teilgenommen haben.

Die Organisation sieht einen Zusammenhang zwischen den jüngsten Festnahmen und der Oberhauswahl (Shura Council), die im April dieses Jahres stattfinden wird. „Das ist ein Versuch, die Rolle der Bruderschaft im politischen Leben Ägyptens zu marginalisieren“, sagte Mohamed Habib, der stellvertretende Vorsitzende der Organisation, gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters. Khayrat al-Shatir, einer der bekanntesten Vertreter der Muslimbrüder in Ägypten, muss sich seit heute vor einem Militärgericht wegen Geldwäsche und der Finanzierung einer illegalen Vereinigung verantworten. Nachdem studentische Mitglieder der Bruderschaft im Dezember 2006 an der Al-Azhar-Universität in militärischer Kleidung demonstriert hatten, hat die Regierung ihre Maßnahmen gegen die Organisation verschärft, weil Befürchtungen bestanden, dass die Muslimbrüder einen militärischen Arm gründen könnten. Die Organisation selbst sagte, dass die Demonstration der Studenten von ihr nicht genehmigt gewesen sei.

Am 29. Dezember 2006 hatte ein reguläres Strafgericht in Kairo alle Anklagepunkte im Fall Khayrat al-Shatir abgewiesen und die Freilassung des Politikers angeordnet. Laut Human Rights Watch (HRW) hat Präsident Muhammad Husni Mubarak am 6. Februar 2007 in seiner Funktion als oberster Kommandant des Militärs den Fall einem Militärtribunal übertragen. Das Ausnahmerecht, das seit der Ermordung von Präsident Anwar as-Sadat 1981 ununterbrochen in Kraft ist, erlaubt es, Zivilpersonen vor Militärtribunale zu stellen. Neben Khayrat al-Shatir sind 39 weitere Personen angeklagt, die in der vergangen Woche von der Polizei verhaftet wurden. Laut Nachrichtenagentur APA sind sie unter anderem wegen der „Nutzung terroristischer Methoden zur Durchsetzung ihrer Ziele“ angeklagt. Die Muslimbruderschaft hält alle Anklagepunkte für falsch. Nach Angaben der Muslimbruderschaft erfolgten die Festnahmen in Kairo, Alexandria, Gizeh, Sharqiya, Gharbiya, Monofiya und Fayyum. Unter den Festgenommenen befinden sich der Organisation zufolge Politiker, die in der Vergangenheit an Parlamentswahlen teilgenommen hatten, sowie zwei Mitarbeiter von Abgeordneten.

In einer heute veröffentlichten Pressemitteilung ruft die Menschenrechtsorganisation HRW Ägypten dazu auf, die inhaftierten Anhänger der verbotenen Organisation freizulassen. Laut HRW sind derzeit 226 Muslimbrüder in Ägypten inhaftiert. „Dadurch, dass sie versucht, die größte oppositionelle Bewegung zu zerstoßen, zeigt die Regierung erneut, dass sie keine Kritik tolerieren kann“, sagte Sarah Leah Whitson, HRW-Direktorin für den Nahen Osten. „Allen politischen Parteien und Gruppen in Ägypten, auch den Muslimbrüdern, soll es erlaubt sein, ihre Ansichten friedlich auszudrücken, auch wenn sie die Regierung kritisieren“, so Sarah Leah Whitson weiter.

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