Ägypten: Pharao Tutenchamun war kein schöner Mann
Kairo (Ägypten), 12.05.2005 - Der junge ägyptische Pharao Tutenchamun (auch Tutanchamon), der im 14. Jahrhundert v. Chr. kurze Zeit regierte, war nicht so schön wie seine goldene Totenmaske, die heute von vielen Menschen in aller Welt bewundert wird. Er hatte einen Vorbiss, volle Lippen, leicht abstehende Ohren und einen ausgeprägten, überlangen Hinterkopf.
Diese Erkenntnis verdankt man der Rekonstruktion des Gesichtes von Tutenchamun, die auf einer Computertomografie der mehr als 3.300 Jahre alten Mumie basiert. Drei Wissenschaftlerteams aus Frankreich, den USA und Ägypten haben mit modernen Methoden der Forensik unabhängig voneinander das Antlitz des rätselhaften ägyptischen Königs rekonstruiert. Alle drei Rekonstruktionen ähneln sich sehr, was für die Qualität der angewandten forensischen Methoden und letztlich dafür spricht, dass dieser Pharao sehr wahrscheinlich so ausgesehen hat. Kleine Abweichungen gab es lediglich bei der Form der Nasenspitze und der Ohren.
2004 hatte ein Team unter Leitung von Zahi Hawwas, Generalsekretär der Kairoer Altertümerverwaltung, die Mumie von Tuntenchamun im Tal der Könige für die Computertomografie aus ihrem Sarkophag geholt. Die Untersuchung zeigte, dass dieser Pharao im Alter von nur etwa 19 Jahren starb.
Der österreichische Publizist Egon Friedell (1878-1938) schrieb in seinem Werk "Kulturgeschichte Ägyptens", die königliche Familie, der Tutenchamun angehörte, wirke "mit sonderbar entarteten Schädeln" wie eine "Kollektion von Missgeburten". Er spekulierte, ob die "überlangen Hinterköpfe" eine Modetorheit aus jener Zeit gewesen sein könnten.
Prunkvolle Grabbeigaben aus Gold
Das Königsgrab von Tutenchamun in Biban Al Muluk wurde am 26. November 1922 von dem englischen Archäologen Howard Carter (1873-1939) und seinem Mäzen Earl George Edward Stanhope Molyneux of Carnavon (1866-1923) geöffnet. Die letzte Ruhestätte des Pharao war fast unversehrt und enthielt prunkvolle Grabbeigaben wie Thronsessel, Goldsarg, Goldmaske, den goldenen Brustschmuck der Mumie und Einrichtungsgegenstände. Im Grab lagen auch zwei Föten mit Deformationen der Wirbelsäule, die als Totgeburten der Königin Anchesamun diskutiert werden. Bald nach der Entdeckung der letzten Ruhestätte von Tutenchamun ereigneten sich angeblich mysteriöse Todesfälle, die dem "Fluch des Pharao" zugeschrieben werden.
In der Fachliteratur wird Tutenchamun als mutmaßlicher Sohn des Pharao Echnaton (vorher Amenophis IV.) und einer babylonischen Nebenfrau sowie als dessen Schwiegersohn bezeichnet. Sicher ist, dass er dessen Tochter Ancheseaton (später Anchesamun) heiratete und somit Echnatons Schwiegersohn war.
Amenophis VI. schaffte die alte Religion des Gottes Amun (Amon) ab, führte den Sonnengott Aton als alleinigen Gott ein und verlegte etwa 1360 v. Chr. seine Residenz von Theben nach Amarna. Die neue Residenz bezeichnete er als Achet-Aton ("Lichtberg des Aton").
Tutenchamun ("Lebendiges Abbild des Amun") hieß ursprünglich Tutenchaton ("Lebendiges Abbild des Aton"). Im Alter von etwa neun oder zehn Jahren bestieg er 1347 v. Chr. den Thron. Er regierte kurze Zeit zusammen mit seinem Schwager Semenchkare (Smenkhare), der schon zur alten Amunreligion zurückgekehrt war. Nach dem Tod von Semenchkare glaubten die Anhänger der Aton-Religion, gesiegt zu haben. Doch schon im vierten Jahr seiner Regierung verließ der junge Pharao die neue Residenz Amarna und kehrte in die alte Residenz Theben zurück.
Die genaue Todesursache von Tutenchamun ist umstritten. Einerseits heißt es, er sei an einer tuberkuloseartigen Krankheit gestorben, andererseits deutet eine Kopfverletzung auf ein Attentat hin, dem er zum Opfer gefallen sein könnte. Doch die Verletzung könnte auch beim Einbalsamieren entstanden sein. Als Mörder des Pharao verdächtigt werden zuweilen "Finanzminister" Maja, dem die Verschwendung des Pharao missfallen haben soll oder Haremheb, der für den Minderjährigen regiert hatte.
Nach dem Tod des kinderlosen Tutenchamun heiratete der bereits unter Echnaton fungierende Aton-Priester Eje (Eye) die Witwe Anchesenamun und legitimierte sich damit als Thronfolger Tutenchamuns. Ejes Nachfolger Haremheb (Haremhab) tilgte alle Spuren der Armarna-Zeit und machte Memphis zur Residenz.
Schön war übrigens auch Kleopatra VII. die Große (69-30 v. Chr.), Ägyptens bedeutendste Königin und letzte Herrscherin der Ptolemäer-Dynastie, nicht. Nach Münzporträts zu schließen trug sie eine Hakennase. Chronisten zufolge machte sie diesen Nachteil aber durch ungewöhnlichen Charme und Geist wett. Immerhin verliebten sich die Römer Caesar und Marcus Antonius in sie.