"Ich bin denn mal da ..." Neue Skulptur für Hamburg
Veröffentlicht: 06:42, 10. Mai 2012 (CEST) Bitte keine inhaltlichen Veränderungen vornehmen. |
Hamburg (Deutschland), 10.05.2012 – Er zahlt keine Steuern, pfeift auf den Zeitgeist, schert sich auch sonst nicht um Konventionen und ist dennoch als „Neubürger“ in Hamburg willkommen: „Schipper Jonny“, eine Bronze-Plastik von Bildhauer Carsten Eggers (54) aus Nottensdorf (hat Rudi Carrell und Max Schmeling in Bronze verewigt) ziert jetzt den Rothenburgsorter Marktplatz. Das Kunstwerk krönt die Neugestaltung des Stadt-Zentrums und ist ein Geschenk an alle Rothenburgsorter Bürger.
Bronze-Mann von Bildhauer Carsten Eggers frönt dem „Gar-Nix-Muss“ auf Marktplatz
„Ich bin denn mal da“, macht es sich der Schipper genügsam auf einer Bank mitten auf dem Marktplatz gemütlich, strahlt Ruhe und Gelassenheit aus. Mit Schippermütze, Feierabend-Clogs und Pfeife in der Hand blickt er relaxend in die Ferne. Der Bronze-Mann bildet einen echten Gegenpol zum Alltags-Trubel, lockt so manchen Passanten zum Faulenzen neben sich. „Solche Manipulationen hab` ich ihm eigentlich verboten“, scherzt Bildhauer Eggers. Doch seine autonomen Skulpturen machen seit jeher, was sie wollen, sind alles andere als kamerascheu, animieren zum Kontakt. Auch „Jonny“ hat sofort „Anschluss“ gefunden. Kaum aufgestellt, ist er von Schaulustigen umzingelt, bleibt keine Sekunde allein. Bis zum Abend ist „Jonny“ zur „Berühmtheit“ avanciert: „Schon gesehen? Wir haben jetzt unser eigenes Wahrzeichen“, zeigen die Leute auf den urigen Typen mit der knautschigen Mütze.
Norddeutscher Kapitän und Reeder saß Modell
"Wir haben uns aus Überzeugung für ein Eggers-Werk entschieden, kein abstraktes Kunstwerk gewählt“, schildert Auftraggeber und AVW-Chef Willy Koch, „ weil sich Menschen mit seinen Skulpturen identifizieren.“ Wie alle Eggers-Plastiken ist auch der Schipper nach einem lebenden Modell entstanden. Für diese Figur hatte der Künstler seinerzeit den norddeutschen Reeder Jonny Gährs († 1990) „verpflichtet“. Der Altländer Kapitän hatte rund vier Wochen mehrere Stunden täglich Modell gesessen. Am Ende war das Abbild ähnlicher als das Original. Der als Mann mit 15 Ehrenämtern bekannte Seebär ist seitdem in seinem Heimatort Estebrügge als Denkmal verewigt. „Diese typische Skulptur gehört unbedingt in die Hafenstadt Hamburg“, fanden die Auftraggeber. Und so macht es sich Jonnys bronzener Zwillingsbruder nun in der Hansestadt gemütlich.
Typisch für Eggers Skulpturen sind deren lässige Posen und eine minimale Übertreibung. Kulturwissenschaftler und Kunstkritiker Klaus Frerichs über den Künstler: „Sein Realismus scheint darin zu bestehen, dass man zu erkennen glaubt, was die Figuren darstellen. Aber sie sind weder Abbilder noch Karikaturen. Eggers zeichnet Begriffe zu Bildern. Mimik, Gestik, Haltung – nichts ist Zufall.“ Die jeweiligen Ergebnisse bezeichnet er als „Ganzkörper-Portraits“.
Von Ganzkörper-Portraits und Querulanten
Kulturhistoriker und Kunstkritiker Prof. Dr. Hanns-Theodor Flemming († 2005) : „In einer Zeit, in der sich die internationale Kunstszene durch die multiplikatorische Wirkung der Medien immer mehr angleicht und die bildenden Künstler in ihren Produkten immer ähnlicher und austauschbarer erscheinen, gewinnen die eigenständigen Tendenzen und Besonderheiten an Interesse. Wobei Eggers auch noch Sinn für Humor zeigt und das menschlich-allzumenschliche thematisiert.“
Der Bildhauer selbst sieht seine Schöpfungen als Querulanten, die keine krampfhaft erzwungene Kunsttheorie selbsternannter Kunstkenner brauchen: „Wenn meine Leute einem Ismus verpflichtet sind, dann einem Gar-Nix-Muss. Sie lieben es, die Provokateure zu provozieren, können neben dem Kunstbetrieb wunderbar alleine leben.“ Der renommierte Künstler hat unter anderem die Rudi-Carrell-Büste für Holland und das Max-Schmeling-Denkmal (Hollenstedt) in Bronze verewigt, ist mit rund 30 lebensgroßen und überlebensgroßen Bronzen im norddeutschen Raum sowie in den Niederlanden vertreten.
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