Schwere Ausschreitungen in Griechenland

Veröffentlicht: 16:41, 11. Dez. 2008 (CET)
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Athen (Griechenland), 11.12.2008 – Im Zentrum der griechischen Hauptstadt kam es von Montag, den 8. Dezember auf Dienstag, den 9. Dezember in der dritten Nacht hintereinander zu schweren Ausschreitungen. Unter den schätzungsweise 10.000 Demonstranten befanden sich nach ersten Meldungen 600 Autonome. Diese plünderten Geschäfte und verwüsteten den Eingangsbereich zweier Hotels. In späteren Meldungen ist von 4.000 Autonomen die Rede, die das Stadtzentrum von Athen eingenommen hätten. Die Polizei hatte zunächst die Kontrolle verloren; sie lieferte sich die ganze Nacht durch Gefechte mit den Autonomen. Viele Geschäfte entlang der drei großen Einkaufsstraßen Panepistimiou, Stadiou und Skoufa sowie rund um den zentralen Syntagmaplatz wurden in Brand gesetzt. Auch in einem eleganten Wohnviertel mit Geschäften kam es zu Krawallen. In Brand gesetzt wurde auch der 20 Meter hohe Weihnachtsbaum der Stadt. Die Regierung hatte unter Beteiligung des Innenministeriums noch am späten Montagabend eine kurzfristig angesetzte Sondersitzung abgehalten.

Zerstörtes Geschäft in Athen nahe dem Platz, auf dem der 15-jährige Junge erschossen wurde

Die Proteste weiteten sich auch auf andere Städte des Landes aus. Demonstrationen kleinerer Gruppen wurden auch aus London und aus Nikosia gemeldet. Im gesamten europäischen Ausland gab es Protest-Kundgebungen. Am Mittwochabend kam es unter anderem in Madrid, Barcelona, Kopenhagen, Rom und Bologna zu Ausschreitungen, bei denen mehrere Demonstranten festgenommen wurden.

Am Montagabend wurde auch das griechische Konsulat in Berlin friedlich und ohne Festnahmen geräumt, nachdem es vorher aus Protest für acht Stunden besetzt worden war. Auch in Hamburg kam es am Montagabend zu einer kleineren Demonstration.

Am Dienstag kündigten die Verantwortlichen der Regierung an, hart gegen die Randalierer und aufständischen Jugendlichen vorzugehen. Dazu war das Gespräch von der Nacht davor nötig gewesen, um ein geschlossenes Vorgehen zu koordinieren. Unterdessen gingen die Proteste im In- und Ausland weiter.

Am Mittwoch protestierten zusätzlich die Gewerkschaften mit einem Generalstreik gegen die Wirtschafts- und Sozialpolitik des Landes, darunter auch der Gewerkschaftsbund GSEE mit etwa 10.000 Teilnehmern. Nach der Auflösung der Demonstrationen eskalierte die Stimmung erneut. Die Demonstranten sollen „Mörder“ skandiert haben; die so bezeichnete Polizei reagierte mit Gegengewalt in Form von Tränengas und heizte so die Stimmung weiter an.

Ausgelöst wurden die Unruhen am 6. Dezember, als ein 15-jähriger Schüler von einer Polizeikugel tödlich getroffen wurde, nachdem er einen Polizisten beleidigt haben soll. Unterdessen hat ein Anwalt die Verteidigung des als „Rambo“ bezeichneten Polizisten aus Gewissensgründen abgelehnt. Der Polizist habe angeblich drei Warnschüsse abgegeben, von denen einer den 15-Jährigen als Querschläger getroffen haben soll. Augenzeugen zufolge soll der Beamte direkt auf den Jungen geschossen haben. Die Regierung kündigte eine lückenlose Aufklärung der Vorfälle an, die zum Tod des Jungen geführt hatten. Man werde keine Gnade gegen den Verantwortlichen walten lassen, hieß es am Dienstag in einer vom Regierungschef Kostas Karamalis veröffentlichten Erklärung weiter.

Aus Kreisen der griechischen Justiz wurde am Mittwoch bekannt, dass die Autopsie des 15-jährigen Alexandros Grigoropoulos und ein noch nicht bestätigtes ballistisches Gutachten die Version des Polizisten stützten.

Quellen