Nach Abstimmungsniederlage im SPD-Parteivorstand: Müntefering gibt Vorsitz auf

Berlin (Deutschland), 31.10.2005 – Nachdem der Parteivorstand der SPD mit klarer Mehrheit gegen den Wunschkandidaten Münteferings für das Amt des SPD-Generalsekretärs, Kajo Wasserhövel, votiert hatte und die Parteilinke Andrea Nahles die Kampfabstimmung für sich entscheiden konnte, erklärte der SPD-Vorsitzende, er werde als Konsequenz aus dieser Abstimmungsniederlage auf dem im November geplanten SPD-Parteitag nicht wieder für das Amt des Vorsitzenden kandidieren.

Damit bekommt das Personalkarussell innerhalb der SPD weitere Dynamik. Der Rückzug Münteferings markiert damit aber zugleich auch eine politische Umorientierung in der SPD. Andrea Nahles gilt als profilierte Vertreterin des linken Flügels der SPD. Nach der Ankündigung Münteferings, den bisherigen Bundesgeschäftsführer Wasserhövel zum Generalsekretär machen zu wollen, hatte sich in der Parteibasis und auch von Spitzenvertretern der Landesverbände Kritik geregt, und daraufhin war Nahles als Kandidatin für diese Funktion ins Gespräch gebracht worden.

Dass die Dynamik der Personalkarusells innerhalb der SPD zuletzt auch ihn selbst erfassen würde, hatte sich Müntefering wohl nicht träumen lassen. Der Umbau der Parteispitze nach dem Rückzug Gerhard Schröders aus der Politik war von Müntefering als eine Art Geheimprojekt gestartet worden. Nach internen Querelen hatte Müntefering jedoch am vorletzten Samstag seine Aufforderung an die Partei, die Personaldebatte stillschweigend und parteiintern zu bewältigen, missachtend, öffentlich erklärt, er wolle seinen Vertrauten Karl Josef Wasserhövel zum neuen Generalsekretär machen. Dies traf auf den Widerstand vor allem der Parteilinken. Sie mobilisierten ihre Kräfte gegen dieses Vorhaben. Sie wollten einen politischen Generalsekretär, der die Programmatik der SPD glaubwürdig nach außen vertreten und dabei auch eigene Akzente setzen könne. Wasserhövel wurde als Parteibürokrat gesehen, der zwar Wahlkämpfe organisieren könne, jedoch in der Funktion des Generalsekretärs weniger geeignet sei. Die Linken sahen auch die Gefahr, unter dem engen Vertrauten Münteferings weniger politischen Einfluss ausüben zu können. Genau diesen Einfluss wiederum fürchtete Müntefering besonders unter den Bedingungen einer großen Koalition, die der SPD viele politische Kompromisse abverlangen würde, die die Partei von linken Positionen her angreifbarer machen würde. So wurde die Frage der Neubesetzung des Generalsekretärs nach dem Rückzug des glücklosen Klaus Uwe Benneter zur Nagelprobe auf die innerparteilichen Kräfteverhältnisse nach der verlorenen Bundestagswahl. Mit der gewonnenen Kampfabstimmung für Andrea Nahles im SPD-Parteivorstand hat sich die Parteilinke vorerst durchgesetzt, allerdings um den Preis des Rückzugs von Franz Müntefering aus der Parteispitze.

Ob er in einer großen Koalition das Ministeramt für Arbeit und Soziales weiterhin übernehmen will, ließ Müntefering zunächst noch offen. Er werde aber auf jeden Fall die Koalitionsverhandlungen mit der SPD weiterhin verantwortlich begleiten.

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