Großrazzia in Norddeutschland gegen G8-Gipfelgegner

Artikelstatus: Fertig 22:48, 9. Mai 2007 (CEST)
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Karlsruhe (Deutschland), 09.05.2007 – In einem koordinierten Einsatz in mehreren norddeutschen Bundesländern durchsuchte die Polizei heute im Auftrag der Bundesanwaltschaft in Karlsruhe insgesamt 40 Objekte in Bremen, Hamburg, Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Brandenburg. Den Einsatz rechtfertigte die Bundesanwaltschaft mit dem Verdacht gegen Personen, die dem „militanten linksextremistischen Umfeld“ zugerechnet wurden, eine „terroristische Vereinigung gegründet zu haben“. An der Großrazzia waren 900 Polizisten beteiligt. Ziel der ins Visier der Sicherheitsbehörden geratenen Organisationen sei die Vorbereitung und Durchführung von Brandanschlägen zur Störung des G8-Gipfels am 6. bis 8. Juni 2007 im Seebad Heiligendamm an der Ostseeküste Mecklenburg-Vorpommerns. Ein Anfangsverdacht bestehe konkret gegen 18 namentlich bekannte Personen, denen unter anderem mehrere Brandanschläge im Großraum Hamburg zur Last gelegt werden. Die Bundesanwaltschaft nennt unter anderem die folgenden Gruppierungen, die für die Durchführung von Brandanschlägen direkt verantwortlich gemacht werden: „August 2005“, „AG Herz-infarkt“, die „Militante Antimilitaristische Initiative“ (M.A.M.I.), die „fight 4 revolution crews“ sowie die „Unheilige Allianz Dammbruch“.

Besonderes Augenmerk gilt dabei einer Organisation, die sich „militante gruppe (mg)“ nennt. Ihr werden zwei Brandanschläge im Zusammenhang mit dem Weltwirtschaftsgipfel in Heiligendamm zur Last gelegt: ein Anschlag am 24. Mai 2006 auf das Sozialgericht Berlin-Moabit sowie ein Anschlag am 9. November 2006 auf ein Berliner Wirtschaftsinstitut. Seit ihrer Gründung 2001 soll die Gruppe insgesamt 25 Anschläge verübt haben. Ihre Ziele seien insbesondere öffentliche Einrichtungen wie Behörden der Sicherheitsorgane, aber auch Einrichtungen von Wirtschaftsverbänden.

Als Ziel der heute durchgeführten Großrazzia gab die Bundesanwaltschaft an, Beweismaterial gegen verschiedene militante Organisationen sichern zu wollen. In Hamburg wurde das Kulturzentrum „Rote Flora“ durchsucht. In Berlin wurden neben Wohnungen und Büros auch Einrichtungen wie Buchläden und Treffpunkte links-alternativer Gruppierungen durchsucht. Unter anderem das autonome Kulturzentrum „Bethanien“ sowie der „Mehringhof“ waren Ziel der Durchsuchung. Die sichergestellten Gegenstände und Unterlagen werden nun vom Bundeskriminalamt ausgewertet, das mit den weiteren Ermittlungen beauftragt ist. Dem Polizeieinsatz liegt ein Durchsuchungsbeschluss des Bundesgerichtshofes zugrunde, der unter anderem die Durchsuchung linksorientierter Verlagshäuser genehmigt. Dabei geht es um die Veröffentlichung eines im Jahr 2003 erschienenen Buches mit dem Titel „Autonome in Bewegung“. Mit der Durchsuchung der Verlagshäuser sollen Beweismittel gegen die Autoren dieses Buches sichergestellt werden.

Die innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Deutschen Bundestag, Ulla Jelpke, kritisierte den heutigen Polizeieinsatz als „willkürliche Schikane gegen Linke, mit denen die Protestbewegung gegen den G8-Gipfel eingeschüchtert werden soll.“

Wie der „Tagesspiegel“ erfahren haben will, erwarten die Sicherheitsbehörden anlässlich des bevorstehenden Weltwirtschaftsgipfels die Anreise von zwei- bis dreitausend gewaltbereiten Gipfelgegnern aus Deutschland und dem umliegenden Ausland. Informationen des Tagesspiegels zufolge gab eine der Zielpersonen des heutigen Einsatzes an, die heutige Großaktion der Polizei sei das Ergebnis jahrelanger verdeckter Ermittlungen des Bundesamtes für Verfassungsschutz. Seit mindestens 18 Monaten liefen entsprechende Beobachtungen.

Für den Abend sind bundesweit Protestdemonstrationen gegen die Durchsuchungen angekündigt.

Bundesinnenminister Schäuble will wegen der „erhöhten Sicherheitsanforderungen“ im Vorfeld des G8-Gipfels in Heiligendamm das Schengener Abkommen zeitweilig aussetzen und wieder Grenzkontrollen an den Grenzen der Bundesrepublik Deutschland zu ihren Nachbarn aufnehmen. Das gelte sowohl für die Grenzen auf dem Land als auch auf See sowie an Flughäfen.

In der Wikipedia gibt es den weiterführenden Artikel „Razzien im Vorfeld des G8-Gipfels in Heiligendamm 2007“.

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Quellen