Bundestag debattiert über den Fall al-Masri

Berlin (Deutschland), 15.12.2005 – Bei einer Rede im deutschen Bundestag hat gestern Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) Vorwürfe im Entführungsfall al-Masri zurückgewiesen. Laut Steinmeier liegt keine Verstrickung deutscher Stellen vor. Entsprechende Anschuldigungen durch die CIA hatten die Debatte ausgelöst.

Der aus dem Libanon stammende deutsche Staatsbürger Khaled al-Masri war Ende 2003 von mazedonischen Sicherheitskräften festgenommen und später von CIA-Mitarbeitern nach Afghanistan verschleppt worden. Fünf Monate später war al-Masri wieder freigelassen worden. Für eine Verwicklung al-Masris in terroristische Aktivitäten gebe es laut Steinmeier bisher keine Anhaltspunkte. Seit drei Wochen dreht sich die Debatte um die Frage, wer in der Bundesregierung wann, was gewusst habe. Die Rolle deutscher Behörden und Ministerien bei dem Vorfall ist Gegenstand einer intensiven politischen Debatte, die heute erstmals auch im Bundestag geführt wurde.

Am Vormittag hatten Bundestagsausschüsse getagt, wo die bisherige und jetzige Justizministerin Brigitte Zypries (SPD), der Außenminister Frank-Walter Steinmeier, der unter der Regierung Schröder Kanzleramtschef war sowie der amtierende Innenminister Schäuble (CDU) den Ausschussmitgliedern Auskünfte gegeben hatten. Steinmeier nannte die Behauptungen, wonach die alte Bundesregierung und insbesondere er als Kanzleramtsvorsteher sowie der ehemalige Bundesinnenminister Schily eine Mitverantwortung an dem Vorfall trügen, „verantwortungslos“. Steinmeier gab an erstmals am 8. Juni 2004 durch einen Brief von al-Masris' Anwalt von dem Vorfall erfahren zu haben, zeitlich also nach seiner Freilassung. Verschiedene Bundesbehörden seien unverzüglich mit entsprechenden Ermittlungen befasst worden. Als neues Element der Debatte brachte der Außenminister die Möglichkeit ins Spiel, dass hier eine Straftat vorliegen könnte, ein seitens eines Regierungsmitgliedes bisher nicht vorgebrachter Standpunkt.

Die Opposition wollte mit sich den Aussagen der Bundesregierung in der Debatte nicht zufrieden geben, ihrer Ansicht nach sind noch viele Fragen offen. Nach wie vor wird die Möglichkeit eines Untersuchungsausschusses in Erwägung gezogen. Steinmeier sowie auch Innenminister Schäuble sollen noch weiter von den zuständigen Ausschüssen befragt werden. Vertreter der Koalitionsparteien zeigten sich jedoch zufrieden mit den abgegebenen Erklärungen, darunter auch der SPD-Innenexperte Dieter Wiefelspütz. Wiefelspütz strich als positives Ergebnis der Debatte heraus, dass es bis zu al-Masris Freilassung im Mai 2004 offenbar kein Zusammenwirken deutscher und ausländischer Behörden in diesem als Verstoß gegen internationales und nationales Recht gesehenen Verfahren gegeben habe.

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