Zahl der Frauenmorde in Guatemala nimmt weiter zu

Artikelstatus: Fertig 18:11, 19. Jul. 2006 (CEST)
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Guatemala-Stadt (Guatemala), 19.07.2006 – Laut einem Bericht der Menschenrechtsorganisation amnesty international (ai) nimmt die Zahl der Frauenmorde in Guatemala in diesem Jahr tendenziell weiter zu. Dem Bericht zufolge wurden im letzten Jahr in Guatemala mindestens 665 Frauen und Mädchen ermordet, 2004 gab es 527 registrierte Fälle. In den beiden Jahren davor wurden 383 bzw. 163 Fälle bekannt. Bei Gewaltverbrechen gegen Frauen in Guatemala gibt es aber laut ai-Bericht eine hohe Dunkelziffer.

Die Lage Guatemalas

Amnesty international erhebt in diesem Zusammenhang Vorwürfe gegen die Regierung des mittelamerikanischen Staates, insbesondere wegen einer mangelnden Aufklärung der Mordfälle. So wird in einer Pressemitteilung der Organisation gefordert, dass die Regierung von Präsident Óscar Berger Perdomo diese eklatanten Ermittlungsmängel schnellstmöglich abstellen müsse. Weil die Justizbehörden des Landes keine genauen Statistiken über Urteile in Prozessen führten, ist es laut ai-Bericht schwer, Aussagen über die Aufklärungsrate bei Mordfällen an Frauen und Mädchen zu machen. Nach Angaben des Ombudsmans für Menschenrechte kommt es in 97 Prozent der Fälle nicht zu Verhaftungen und in 70 Prozent der Fällen würden keine Ermittlungen aufgenommen. In vielen Fällen käme es dazu, dass Verdächtige von Gerichten freigesprochen würden, weil es häufig keine weiteren Beweise außer Zeugenaussagen gebe. Auch offizielle Statistiken, auf die im ai-Bericht hingeweisen wird, bekräftigen die niedrige Aufklärungsquote. In einem Jahresbericht für 2005 des zuständigen Ministeriums steht, dass 42 Prozent aller Fälle, die vom Büro der Staatsanwaltschaft für Verbrechen gegen das Leben bearbeitet wurden, als gelöst deklariert wurden. Jedoch sei es bei nur 3,8 Prozent dieser Fälle zu einer formalen Anklage gekommen. Nur bei einem Prozent der Fälle habe eine Gerichtsverhandlung stattgefunden.

Als Gründe für die niedrigen Aufklärungsraten bei Frauenmorden führt der ai-Bericht schwere Mängel im Rechtssystem des Landes an, für die ein unzulänglicher Gesetzesrahmen verantwortlich sei. Im ai-Bericht werden zahlreiche Beispiele für Morde an Frauen in Guatemala aufgeführt, bei denen oftmals zuvor eine Vergewaltigung erfolgte. In vielen Fällen habe die Polizei nicht rechtzeitig auf Berichte über vermisste Mädchen und Frauen reagiert, auch wenn es Zeugen für die Entführung der Frauen gegeben habe. Die Menschenrechtsorganisation fordert, dass die Polizisten besser ausgebildet werden, um schnell und angemessen auf derartige Berichte reagieren zu können. Gegen Beamte, die bewusst nicht auf Berichte über vermisste Frauen reagierten, sollen nach Ansicht von ai Disziplinarmaßnahmen ergriffen werden. Ein weiteres Problem bestehe darin, dass sich die Mehrheit der Angehörigen der ermordeten Frauen keinen Anwalt leisten könne, der in der Lage sei, Druck auf die Behörden auszuüben. Zudem werden in einigen Fällen die Opfer nicht identifiziert. Auch wirft der ai-Bericht den Behörden vor, Angehörige der Opfer von Gewaltverbrechen aufgrund ihres Geschlechts zu diskriminieren. In einem am 9. Juni 2005 auf news.bbc.co.uk veröffentlichten Artikel wird Hilda Morales Trujillo, eine Aktivistin eines guatemalischen Netzwerks zum Schutz von Frauen, zitiert. Hilda Morales Trujillo spricht davon, dass Gewalt gegen Frauen ein ernsthaftes Problem für das Land darstelle. Die Aktivistin zeigte sich besonders darüber besorgt, dass ein Großteil der ermordeten Frauen vor ihrer Tötung brutal behandelt würde. Hilda Morales Trujillo macht Misogynie (Frauenhass) für die extreme Gewalt gegen Frauen verantwortlich.

Die Regierung Guatemalas hat am 25. November 2005 angekündigt, eine Nationale Kommission gegen Gewalt an Frauen zu gründen, die sich mit der Evaluation der derzeitigen Situation beschäftigen soll. Ebenfalls soll die Kommission die Möglichkeiten einer besseren Zusammenarbeit der staatlichen Institutionen, die für die Aufklärung, Verfolgung und Prävention zuständig sind, erarbeiten. Die Gründung der Kommission wird von ai grundsätzlich positiv gesehen, die Organisation bezweifelt aber, dass es durch die Schaffung einer neuen Institution zu echten Verbesserungen kommen wird.

Quellen