Situation vor Unabhängigkeit Südsudans gespannt – Kämpfe in Ölregion

Veröffentlicht: 16:37, 23. Mai 2011 (CEST)
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Khartum (Sudan) / Juba (Südsudan), 23.05.2011 – Nur wenige Wochen vor der geplanten Unabhängigkeit Südsudans ist die Situation angespannt. Sudanesische Soldaten sind nun in Abyei in der Nähe der geplanten künftigen Grenze einmarschiert. Das staatliche sudanesische Fernsehen berichtete von „schweren Verlusten des Feindes“ bei der Eroberung der Stadt durch die Streitkräfte des Nordens. Auf Weisung von Staatspräsident Umar al-Baschir sei der Verwaltungsrat der Stadt aufgelöst worden. In diesem Verwaltungsrat sind Vertreter aus dem Norden und dem Süden vertreten. Der Status Abyeis nach der Unabhängigkeit Südsudans ist umstritten, ein Referendum zu dieser Frage konnte nicht durchgeführt werden.

Vor der Unabhängigkeit: Südsudan und Sudan

UN-Mitarbeiter bestätigten, dass sudanesische Regierungstruppen die Kontrolle über Abyei ausübten und schwere Artillerie zur Verfügung hätten. Ein UNMIS-Sprecher teilte mit, die Truppen des Nordens hätten mit Dutzenden von Panzern die Stadt besetzt und die südsudanesischen Soldaten seien geflohen.

Die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen teilte mit, dass auch die Bewohner Abyeis vor den Kämpfen geflohen seien. Südsudanesische Vertreter sprachen auch davon, dass die Truppen al-Baschirs, der wegen Menschenrechtsverletzungen mit internationalem Haftbefehl gesucht wird, die Stadt aus der Luft angegriffen hätten. Wie Philip Aguer Panynag, ein Sprecher der Sudanesischen Befreiungsarmee (SPLA) der Presse mitteilte, seien auch neun weitere Dörfer bombardiert worden. Ärzte ohne Grenzen sagte, dass in Agok, etwa 40 km von Abyei entfernt, in einem von der Hilfsorganisation betriebenen Krankenhaus allein am Samstag, dem 21. Mai, 42 Verletzte aufgenommen wurden.

Die Kämpfe hatten am Donnerstag begonnen. Nach Angaben aus Khartum wurden 22 Soldaten der Armee des Nordens getötet, als sie in einen Hinterhalt gerieten, etwa sieben Kilometer entfernt von Abyei. Die Soldaten seien in UN-Fahrzeugen transportiert worden, als sie beschossen wurden, sagt Khartum. Der Süden bestreitet, in den Zwischenfall verwickelt zu sein. Die Vereinten Nationen bestätigten den Zwischenfall, teilten jedoch mit, es sei unklar, wer den bewaffneten Angriff ausgeführt habe. Beide Seiten hatten vereinbart, aus der umstrittenen Region bis zum 17. Mai „alle nichtautorisierten Truppen“ zurückzuziehen.

Der südsudanesische Informationsminister Barnaba Marial Benjamin bezeichnete die sudanesische Militäroperation als Verstoß gegen das Friedensabkommen von 2005. Im Januar 2011 hatte sich der Süden für die Unabhängigkeit ausgesprochen. Diese soll am 9. Juli 2011 wirksam werden. Der Sudan büßt durch die Unabhängigkeit weite Teile seines Staatsgebietes ein. In diesem Teil liegen rund zwei Drittel der bekannten Rohölvorkommen des bisher flächengrößten Staates in Afrika. Doch der Konflikt zwischen Nord und Süd ist nicht nur ein Konflikt um das Erdöl, sondern es ist auch ein Konflikt zwischen Muslimen und Christen. Der Norden wird überwiegend von muslimischen Arabern bewohnt, während im Südsudan meist christliche Schwarzafrikaner beheimatet sind. Abyei charakterisiert sich dadurch, dass die Bevölkerung zwar überwiegend schwarzafrikanisch geprägt ist, die Gegend geographisch jedoch zum Norden gehört. Hier treffen vor allem die Interessen der ganzjährig hier lebenden Ngok Dinka mit denen der Misseriya aufeinander, die als Nomaden in der Trockenzeit ihr Vieh in die Region treiben und darin von der Regierung in Khartum bestärkt werden. Beobachter befürchten, dass sich am Streit um Abyei ein neuer Bürgerkrieg entzünden kann.

Der Informationsminister des Südsudans sagte in Juba der Presse, die SPLA werde nicht vergelten, es sei die Aufgabe des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen, das Gebiet um Abyei zu entmilitarisieren. Frankreich und die Vereinigten Staaten haben das Vorgehen der sudanesischen Streitkräfte kritisiert. Das Weiße Haus verlangte einen umgehenden Rückzug der sudanesischen Regierungstruppen. Aus Paris hieß es, das Vorgehen Khartums sei „eine schwerwiegende Verletzung“ des Friedensabkommens. Die Vereinten Nationen sind durch die neueste Entwicklung besorgt. Die Mission der Vereinten Nationen im Sudan (UNMIS) verlangte den Rückzug aller Kampfeinheiten und einen sofortigen Waffenstillstand.

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Quellen