Seehofer provoziert unionsinternen Streit um Integrationspolitik

Veröffentlicht: 18:16, 11. Okt. 2010 (CEST)
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Berlin (Deutschland), 11.10.2010 – Überwiegend ablehnende Reaktionen ruft ein Vorstoß des bayerischen CSU-Vorsitzenden Horst Seehofer hervor. Seehofer hatte eine Begrenzung des Zuzugs von Ausländern, insbesondere von Türken und Bürgern aus arabischen Ländern, gefordert. Gegenüber dem „Focus“ hatte der CSU-Politiker zum Thema Integration unter anderem erklärt: „Es ist doch klar, dass sich Zuwanderer aus anderen Kulturkreisen wie aus der Türkei und arabischen Ländern insgesamt schwerer tun. Daraus ziehe ich auf jeden Fall den Schluss, dass wir keine zusätzliche Zuwanderung aus anderen Kulturkreisen brauchen.“ Er fügte hinzu: „Ich habe kein Verständnis für die Forderung nach weitergehender Zuwanderung aus fremden Kulturkreisen“.

Horst Seehofer (2008)

Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Maria Böhmer (CDU), zeigte sich über den Vorstoß des CSU-Vorsitzenden schockiert. In einem Zeitungsinterview sagte sie, es gehe nicht an, „Menschen aus einem anderen Kulturkreis unter einen Generalverdacht zu stellen“. Sie fügte hinzu: „Das grenzt aus und läuft allen Integrationsbemühungen zuwider.“ Auch vom stellvertretenden Vorsitzenden der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Wolfgang Bosbach, der auch Vorsitzender des Innenausschusses des Bundestags ist, kam Widerspruch. Das Recht auf Asyl und auf Familiennachzug könne man nicht davon abhängig machen, „ob sie aus dem arabischen Raum kommen“. Unterstützung für die Position Seehofers äußerte der CSU-Landesgruppenchef Hans-Peter Friedrich: Der Fachkräftemangel in Deutschland sollte nicht durch Zuwanderung behoben werden, sondern durch die Qualifizierung von Deutschen. Frank-Jürgen Weise, Vorstandschef der Bundesagentur für Arbeit, wies diese Position als unrealistisch zurück: Fachkräfte für sehr qualifizierte Jobs seien aus dieser Gruppe kaum zu gewinnen. „Wir brauchen eine gesteuerte Zuwanderung, etwa mithilfe eines Punktesystems wie in Kanada.“

In einigen Zeitungskommentaren wird Seehofer unterstellt, er versuche mit seinen Äußerungen Stimmen am rechten Rand der Union zu fischen. So schreibt die Magdeburger „Volksstimme“, „Seehofers Simplifizierung richtet sich aber auch an die Bayern daheim: Den Islam zu attackieren, soll den Schwund der CSU-Macht bremsen.“ Und die „Landeszeitung Lüneburg“ kommentiert: „Es ist der Versuch, einer möglichen Partei der Unzufriedenen rechts von der Union die Luft zu nehmen. Eine riskante Gratwanderung. Wer Zündstoff in eine Debatte trägt, die durch Brandstifter geprägt wird, darf sich am Ende nicht wundern, wenn es knallt.“

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Quellen