Referendum: Thailand hat eine neue Verfassung

Veröffentlicht: 17:47, 20. Aug. 2007 (CEST)
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Bangkok (Thailand), 20.08.2007 – Im ersten Referendum der thailändischen Geschichte wurde der Verfassungsentwurf einer vom herrschenden Militärrat eingesetzten Regierung mit einer deutlichen, wenn auch geringer als erwarteten Mehrheit der Wahlberechtigten angenommen. 14,7 Millionen der rund 26 Millionen insgesamt abgegebenen Stimmen (57,81 Prozent laut amtlichem Endergebnis) stimmten für die Verfassung, etwa 10,8 Millionen Wähler (42,2 Prozent) stimmten dagegen. Die Wahlbeteiligung lag mit 57,6 Prozent der gut 45 Millionen Wahlberechtigten allerdings relativ niedrig.

Die Regierung hatte sich eine höhere Wahlbeteiligung erhofft, um die Legitimität der (in den letzten 75 Jahren) 18. Verfassung des Landes zu stärken. Der amtierende Ministerpräsident Surayud Chulanont kündigte nach der Bekanntgabe des Wahlergebnisses Neuwahlen im Dezember an.

Mit dem Verfassungsreferendum zielt der im Hintergrund die Fäden der Politik in der Hand haltende Militärrat auf eine Stärkung der Rolle des Militärs und der traditionellen bürokratischen Elite des Landes in der Verfassung ab. Das politische Parteiensystem wird in der neuen Verfassung geschwächt. Entsprechend zufrieden äußerte sich die militärische Führung zum Ausgang des Referendums: „Das Militär ist zufrieden mit der Akzeptanz des Volkes für die neue Verfassung“, sagte Armee-General Sonthi Boonyaratglin, der dem Militärrat vorsteht, der die letzte demokratisch gewählte Regierung unter Ministerpräsident Thaksin Shinawatra im September 2006 abgesetzt hatte.

Analysiert man die Wahlergebnisse im Einzelnen zeigen sich jedoch große Unterschiede in der Akzeptanz der neuen Verfassung. Während in der Zentralregion und in Bangkok jeweils über 60 Prozent der Wähler ein positives Verfassungsvotum abgaben, gab es in den ehemaligen Hochburgen der Partei des abgesetzten Ministerpräsidenten, Thai Rak Thai (Thai lieben Thai), eine wesentlich geringere Zustimmung, zum Teil auch eine deutliche Ablehnung des Verfassungsentwurfs. Das gilt insbesondere für die nördlichen und nordöstlichen Landesteile. Im bevölkerungsreichen Nordosten votierten knapp 62 Prozent gegen den Verfassungsentwurf.

Im Süden gab es große Unterstützung für die neue Verfassung. Allerdings wurde in den unter Ausnahmezustand stehenden Südprovinzen Pattani, Yala und Narathiwat, in denen der Alltag durch den Terror separatistischer Islamisten geprägt ist, eine auffällig hohe Anzahl ungültiger Stimmzettel (zwischen vier und sechs Prozent der abgegebenen Stimmen) registriert. Der Leiter der Wahlkommission, Suthipon Taweechaiyakarn, führt dies darauf zurück, dass die Einwohner einiger Distrikte im Süden den Yawi-Dialekt sprechen, was zu Verständnisproblemen beim Ausfüllen der Stimmzettel geführt haben könnte.

Insgesamt zeigt die Stimmenverteilung nach Ansicht politischer Beobachter ein Fortdauern der politischen Spaltung des Landes an. Diese resultiert aus den Wahlerfolgen und dem politischen Rückhalt für das Thaksin-Regime in weiten Teilen vor allem der ländlichen Bevölkerung des Nordens und Nordostens einerseits und der heftigen Ablehnung des Thaksin-Regimes durch die Mehrheit der städtischen Bevölkerung andererseits. Ein Ziel der Verfassungsreform aus Sicht der militärischen Führung bestand unter anderem darin, die Wiederholung einer faktischen Alleinherrschaft einer einzigen Partei, wie mit der populistischen TRT unter Thaksin geschehen, künftig zu verhindern.

Der ehemalige Ministerpräsident Thaksin ist in Thailand wegen Amtsmissbrauch und Korruption angeklagt und lebt seit dem Militärputsch im September letzten Jahres im Ausland, zurzeit in London.

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Quellen